Gerhard Kadow: Ein streitbarer Geist

Bis in die Nachkriegszeit waren seine Werke in vielen rheinischen Haushalten zu finden, denn seine harmonischen Farb- und Formkompositionen fanden nicht nur bei Kunstkennern Gefallen: Gerhard Kadow (1909–1981), Maler, Grafiker und Textilkünstler, hatte in den 1920er-Jahren bei Klee und Kandinsky am Bauhaus studiert und eine Webelehre gemacht, später dann war er als Musterzeichner und in Webereien in den Niederlanden tätig. Vielen galt er als unbequem, provozierte er doch gern und eckte unter Kollegen und in der Öffentlichkeit an.

Ab 1938 leitete Kadow die Klasse für künstlerische Web- und Druckgestaltung an der Höheren Fachschule für Textilindustrie in Krefeld, wo er von den Nazi-Parteigremien schikaniert wurde und daraufhin seine freie Malerei vorübergehend einstellte. Allerdings versuchten die lokalen Textilindustriellen immer wieder, ihn als Lehrkörper an der Webeschule unterzubringen. Auch dies wurde boykottiert – bis 1940 widerstrebend eingewilligt wurde, ihn für die Kriegszeit als Lehrer zu akzeptieren. Nach zwei Jahren war dieses Intermezzo allerdings schon wieder vorbei: Von 1942–1945 musste der Künstler an die Front. Nach seiner Rückkehr nahm Kadow seine Lehrtätigkeit an der Textilingenieurschule wieder auf, an der auch seine Frau tätig war, die Malerin und Textilgestalterin Elisabeth Jäger, die wie er zeitweise am Bauhaus studiert hatte.

Die „Krefelder Affäre“

1950 dann kam es zu einer folgenschweren Entscheidung: Kadow ging an die just ins Leben gerufene Krefelder Werkkunstschule, wo er den Vorkurs nach dem selbst erlebten Bauhaus-Vorbild leitete: Das (zweck-)freie Experimentieren mit Materialien, ohne eine Funktionalität im Blick zu haben, stand hier im Fokus. Erst im Anschluss wählten die Schülerinnen und Schüler dann ein bestimmtes Fach. Schon bald hagelte es Kritik: Der Öffentlichkeit gefiel nicht, dass ein Bauhäusler an dieser Weiterbildungseinrichtung für den Handwerksnachwuchs solche Methoden anwandte – zu abstrakt, zu nihilistisch schien ihnen die Herangehensweise. Es kam zur deutschlandweit diskutierten „Krefelder Affäre“, die sich mehrere Jahre hinzog und erst ein Ende nahm, als die Landesregierung und die Handwerkskammer offiziell Stellung nahmen und die Presse zur Mäßigung aufriefen.

Ein umfangreiches Œuvre

Ab 1949 war er Gerhard Kadow Mitglied der „Neuen Rheinischen Sezession“, was ihm ein sehr gutes Netzwerk bescherte. 1961 bekam er für seine Verdienste den Professorentitel, sechs Jahre später wurde er Professor an den Kölner Werkschulen, wo er bis 1974 lehrte. Sein Erbe ist beeindruckend: Er schuf Ölgemälde und Zeichnungen, Wandmalereien und Entwürfe für Gebrauchsgegenstände aus Porzellan, Textilien und Glas.

Einen Überblick über alle bisher verfügbaren Stories erhalten Sie unter www.interface.com/100stories.

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Eine Antwort zu “Gerhard Kadow: Ein streitbarer Geist”

  1. Franka van Offern (geb. Franziska Dietrich) sagt:

    Als junges Mädchen studierte ich u.a. bei Gerhard Kadow. Einmal sagte er: „Als erste Stadt schuf Gott Aix-en-Provence. Alle anderen Städte sind minderwertige Nachbildungen.“ Natürlich tramte ich bald nach Aix – und war fasziniert!!! Aber: Erst 40 Jahre später entschied ich, dort hinzuziehen. Leider war die Stadt inzwischen „chicky-micky“ gaworden, sodaß ich eher nach Salon-de-Provence zog. Innerhalb von 16 Jahren habe ich das nie bereut – und danke Herrn Kadow von Herzen!!!
    Franziska van Offern

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