Lilly Reich: die zweite Meisterin am Bauhaus

Lilly Reich (1885–1947) war von 1932–1933 Meisterin am Bauhaus und damit die zweite offizielle Bauhausmeisterin. Sie leitete die Ausbauwerkstatt und die Weberei, zunächst in Dessau, später auch in Berlin.

Begonnen hatte Lilly Reich ihren Werdegang in Berlin mit einer Ausbildung zur Kurbelstickerin. Ab 1908 war sie in Josef Hoffmanns Wiener Werkstätte tätig. 1911 kehrte sie nach Berlin zurück, 1914 gestaltete sie das „Haus der Frau“ auf der Kölner Werkbundausstellung mit. In diesem Zusammenhang sei einer von vielen bemerkenswerten Meilensteinen in ihrer Karriere erwähnt: 1920 wurde sie als erste Frau in den Vorstand des Deutschen Werkbundes berufen, innerhalb dessen sie auch Mitglied der Freien Gruppe für Farbkunst war. 1924 besichtigte sie neue Siedlungen in England und den Niederlanden. Hatte sie bis zu diesem Jahr ein Atelier für Innenraumgestaltung, Dekorationskunst und Mode in Berlin geleitet, führte sie im Anschluss an ihre Reisen bis 1926 ein Atelier für Ausstellungsgestaltung und Mode in Frankfurt/Main und arbeitete zudem als Ausstellungsgestalterin in der Werkbundkommission des Frankfurter Messeamtes.

Im schicksalshaften Jahr 1926 machte sie die Bekanntschaft von Ludwig Mies van der Rohe. Gemeinsam arbeiteten sie anschließend neben anderen Projekten im Rahmen der Stuttgarter Werkbundausstellung zusammen, bevor sie 1927 wieder nach Berlin zurückkehrte. Mitte des folgenden Jahres erhielten Mies und Reich den Auftrag, die künstlerische Leitung der deutschen Abteilung der Weltausstellung in Barcelona (1929) zu übernehmen und gestalteten mehrere Bereiche der Ausstellung zusammen. Auch die Innenausstattung des 1930 fertiggestellten Hauses Tugendhat stammt von Lilly Reich.

Im Jahr 1934 arbeitete sie an der Ausstellung „Deutsches Volk − Deutsche Arbeit” mit und erhielt gemeinsam mit Ludwig Mies van der Rohe 1937 die Beauftragung zur Gestaltung der Reichsausstellung der Deutschen Textil- und Bekleidungswirtschaft in Berlin, die auf der Pariser Weltausstellung als Abteilung Textilindustrie im deutschen Pavillon besichtigt werden konnte. 1939 besuchte sie in Chicago den mittlerweile emigrierten Mies van der Rohe. Nach ihrer Rückkehr wurde sie bei der Organisation Todt (OT) dienstverpflichtet. 1945–1946 gehörte sie dem Lehrkörper der Hochschule für Bildende Künste (Berlin) an und lehrte Raumgestaltung und Gebäudelehre. Bis zu ihrem Tod leitete sie ihr eigenes Atelier für Architektur, Design, Textilien und Mode in Berlin.

Einen Überblick über alle bisher verfügbaren Stories erhalten Sie unter www.interface.com/100stories.

 

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