Die größte Ansammlung von Gebäuden im sogenannten „Internationalen Stil“ finden Interessierte heute in Tel Aviv. Seit die Innenstadt mit etwa 4.000 Häusern der Moderne im Jahr 2003 zum Weltkulturerbe ernannt wurde, heißt sie „Weiße Stadt“. Circa 2.000 der vornehmlich zwischen 1930 und 1940 konstruierten Bauwerke stehen unter Denkmalschutz, viele sind stark renovierungsbedürftig.
Ab der Machtergreifung der Nazis 1933 kamen viele junge Architekten aus Europa nach Tel Aviv. In dieser Zeit verdreifachte sich die Einwohnerzahl der Stadt – günstiger Wohnraum musste in kurzer Zeit geschaffen werden. Die Bauhaus-Leitidee „form follows function“ wurde von den durch die Bauhaus-Meister beeinflussten jungen Baumeistern konsequent umgesetzt. Eine zukunftsweisende Gesellschaft Gleichberechtigter sollte entstehen – die Häuser dafür sind noch heute zu bestaunen, wenngleich viele stark verändert oder baufällig sind. Hitze, salzige Meeresluft und Abgase fressen an den Fassaden im Bauhaus-Stil, die durch Flachdächer, auskragende Balkone, klare Fensterlinien und gestaffelte Bauweise geprägt sind. Die Ideen der Bauhaus-Meister wurden von den Avantgarde-Architekten der Zeit, darunter Arieh Sharon, Dov Karmi oder Zeev Rechter, nach Palästina gebracht und dort umgesetzt.
Denkmalschutz der besonderen Art
Viele der auf Säulen gebauten Häuser im Stadtkern Tel Avivs haben sich im Laufe der Zeit stark verändert, Plastikjalousien und Klimaanlagen wurden angebracht, das Geld für eine fachgerechte Sanierung ist oftmals nicht vorhanden. Ein Anreiz für die Besitzer: Sie dürfen bei Sanierung ihr Bauhaus-Gebäude um zwei neue Etagen aufstocken. Eine ungewöhnliche Idee, die mit der UNESCO abgestimmt wurde. Auch der deutsche Staat beteiligt sich an der Instandhaltung der „Weißen Stadt“. Apropos: Die Säulen, die der Stadt auch in engen Straßen stets eine angenehme Brise bescheren, gehen auf eine Idee des Bauhaus-Meisters Le Corbusier zurück.
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