Siedlungsbau 4/5: „Baba“ – Werkbundsiedlung in Prag

Von 1932 bis 1940 entstand in Prag die privat finanzierte Wohnsiedlung „Baba“, benannt nach einer nahegelegenen Ruine. Errichtet wurde sie vom tschechoslowakischen Werkbund im Prager Stadtteil Dejvice. Sowohl die Bauherren als auch die Architekten waren – bis auf den Niederländer Mart Stam – Mitglieder des tschechoslowakischen Werkbundes. Das erklärt auch, warum diese Siedlung aus 33 individuell gestalteten Familienvillen besteht. Mit der Siedlung entstand unter Leitung des Architekten Pavel Janák ein Musterbeispiel des Funktionalismus und Ausdruck für die Vision von einem neuen, modernen Wohnen. Zwar überstanden alle Häuser den Zweiten Weltkrieg, jedoch wurden im Zuge diverser Besitzerwechsel an manchen unschöne Veränderungen vorgenommen – seit 1993 stehen die Häuser nun unter Denkmalschutz.

Die Siedlung entstand an einem Südhang, mit der Stadt zu Füßen. Daher wurde die Siedlung als Schachbrett angelegt, mit Erschließungswegen entlang den Höhenlinien. Die Gebäude sind kubistisch und verfügen bis auf eine Ausnahme über Flachdächer, die als Terrassen genutzt werden. Außerdem wurden die Häuser so angelegt, dass jedes einzelne den Ausblick auf den Hradschin, das Stadtviertel auf dem Burgberg, eröffnet. Daher sind bei den meisten Villen die funktionalen Räumlichkeiten im Norden und die Wohnräume Richtung Prag ausgerichtet. Ein einheitliches Erscheinungsbild entstand zunächst durch die glatten Putzfassaden, später kamen allerdings auch Häuser mit Steinsockel und Riffputzfassaden hinzu.

Experimentiert wurde – im Gegensatz zu anderen Werkbundsiedlungen – kaum, und es wurden auch keine vorgefertigten Teile eingesetzt. Die Gebäude wurden in Stahlbetonskelett-, Mischkonstruktions- und Massivbauweise errichtet. Die Geschossdecken sind aus Stahlbeton, die Dachdämmung in den meisten Fällen mit Kork, die Außenwände mit Heraklith erstellt. Auch im Innern herrscht viel Ähnlichkeit: Die Bodenbeläge bestehen fast alle aus Linoleum, Gummi, Xylolith oder Parkett, die Innenwände sind glatt verputzt und weiß gestrichen. Die Innentüren sind ausschließlich aus Sperrholz gefertigt. Bei den Fenstern herrscht mehr Varietät – von traditionellen Holzkastenfenstern über doppelt verglaste Stahlziehharmonikafenster bis zu Stahlholzverbundflügeln.

Das einzigartige funktionalistische Villenviertel, das nicht zuletzt durch die Wiessenhofsiedlung in Stuttgart inspiriert war, wird bis heute als Meilenstein des modernen Wohnens betrachtet – Architekturführungen bringen Besuchern die Werkbundsiedlung in Prag näher.

Haus Palička – Architekt M. Stam © Jirka Dl, Baba – Palička 01, CC BY-SA 4.0

Haus Zaorálek – Architekt L. Žák © Jirka Dl, Baba – Zaorálek 01, CC BY-SA 4.0

Vila Sutnar © Sefjo, Praha, Dejvice, vila Sutnar 01, CC BY-SA 3.0

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