„Bauhaus und Textilindustrie“: Seideninnovationen

Es beginnt wie ein Krimi: „An einem Tag zwischen dem 4. und 24. September 1946 erschienen zwei Vertreter des Britischen Geheimdienstes in der niederrheinischen Stadt Krefeld. Es waren Mitglieder des British Intelligence Objectives Sub-Committee, kurz BIOS.“ Doch auf den folgenden Seiten des ersten Kapitels von „Bauhaus und Textilindustrie“, herausgegeben von Christiane Lange und Anke Blümm, gibt es keine tödlichen Schusswechsel, denn: „Im Auftrag Ihrer Majestät suchten [die Mitglieder] nicht etwa untergetauchte Kriegsverbrecher, sondern gutes Design.“

Der Geheimreport bildet den Auftakt zu einem umfassenden Blick auf fast sieben Jahrzehnte Textilindustrie. Im Verlauf des Kapitels wird detailliert beschrieben, warum die beiden BIOS-Mitglieder Margaret Leischner und Nikolaus Pevsner der deutschen Seidenindustrie ein hervorragendes Zeugnis ausstellten, und vor allem aber wie sie überhaupt zu ihrer erfolgreichen Aufstellung kam.

Umzug nach Krefeld?

Erste Ansätze gestalterischer Innovation in der Samt- und Seidenindustrie zeigten sich schon im Jahr 1900. Bis zur Gründung der Schule für Flächenkunst im Jahr 1931 nahm die Entwicklung jedoch noch deutlich Fahrt auf.  Ein umtriebiger Verfechter für mehr innovative Kräfte in der Branche: Hermann Lange, seines Zeichens Gründer der Verseidag (Vereinigte Seidenwebereien Aktiengesellschaft). Er wollte sogar das Bauhaus nach Krefeld holen: „Der Vorschlag war folglich, entweder das Bauhaus als privates Institut in Krefeld zu etablieren oder seine Webereiabteilung als Satelliten des staatlichen Bauhauses in ein privates Unternehmen zu integrieren.“ Wilhelm Graf von Kielmansegg, Freund des Bauhauses, „warb bei Gropius für diese kühne Idee und lobte Hermann Lange als ‚kaufmännisch genial’ mit ‚Verständnis für die künstlerische Sache’. Nur die Einflussnahme müsse man genau erwägen aufgrund von Langes ‚Intensivität’.“ Der Plan wurde letztendlich nicht umgesetzt, dafür aber wurden Netzwerke gesponnen und Ausbildungsreformen geschaffen. Enge Begleiter und Innovatoren waren Lehrer und Künstler des Bauhauses. Wer dazu gehörte und was genau passierte, erfahren Leser in „Bauhaus und Textilindustrie“. Mehr zum Buch, das von Projekt MIK e.V. initiiert wurde, finden Sie hier.

Die Samt- und Seidenindustrie wollte die Qualität ihrer Stoffe verbessern, um auch international ihren Ruf auszubauen. © DWilliams/pixabay.com

Die deutsche Textilindustrie war zu Zeiten des Bauhaus auf der Suche nach gestalterischen Innovationen. © hakelbudel/pixabay.com

Einen Überblick über alle bisher verfügbaren Stories erhalten Sie unter www.interface.com/100stories.

Share on FacebookTweet about this on TwitterShare on LinkedInEmail this to someone

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Ähnliche Artikel