Im Jahr 2013 startete das International WELL Building Institute (IWBI) eine Initiative zu Fragen der Gesundheit und des Wohlbefindens in der gebauten Umwelt – Themen, die bei bestehenden Zertifizierungssystemen oft unberücksichtigt bleiben. Hieraus entstand der WELL Building Standard™, dessen Leitsätze Architekten und Designer unterstützen sollen, das Leben der Menschen in urbanen Räumen spür- und messbar zu verbessern. Selbst wenn Sie keine Zertifizierung Ihres Projekts anstreben, bietet dieser Standard zahlreiche Inspirationen zur Umsetzung in nutzerorientierten Entwurfskonzepten.
Der WELL-Standard beinhaltet sieben Kategorien, die im Rahmen jeder Raumgestaltung berücksichtigt und erfüllt werden sollten: Luft, Wasser, Nahrungsmittel, Licht, Leistungsfähigkeit, Komfort und geistige Gesundheit.
Je nach dem, wie viele Kriterien innerhalb dieser Kategorien von einem Projekt erfüllt werden, gibt es drei Zertifizierungsstufen: Silber, Gold und Platin.
Das Bedürfnis nach positiven Räumen
Angesichts der Tatsache, dass inzwischen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten lebt, nimmt auch die Zahl der chronischen Erkrankungen immer weiter zu. Weltweit beklagen 76% der Beschäftigten ein beeinträchtigtes Wohlbefinden, während arbeitsbedingter Stress die USA rund €255 Milliarden und Europa €550 Milliarden pro Jahr kostet. Diese Probleme weisen auf die klare Notwendigkeit nach gesünderen Räumen hin.
Auf welche Weise führen WELL-Zertifizierungen dazu, dass sich Unternehmen von anderen abheben?
Nutzerorientiertes Gestalten ist ein Trend, der nicht länger übersehen werden kann, und WELL entwickelt sich zusehends zum Industriestandard. Eine WELL-Zertifizierung zu erhalten, kann dazu beitragen, die besten Talente und Mitarbeiter zu gewinnen; ein Drittel der im Rahmen des Human Spaces Report weltweit Befragten gibt an, dass die Bürogestaltung ihre Entscheidung beeinflusst, wo sie arbeiten.
Forschungsarbeiten haben auch ergeben, dass …
- … eine bessere Raumluftqualität zu einer Produktivitätssteigerung von 8-11% führen kann.
- … eine bessere Ernährung zu 27% weniger Depressionen und 13% weniger Stress sowie zu einer insgesamt verbesserten geistigen Gesundheit (Mcmartin, Jacka, & Colman. (2013), Produktivität und Arbeitsleistung führt (Journal of occupational and environmental medicine).
- … uns die Nähe zu Fenstern produktiver macht – vor allem, wenn sie den Blick in die Natur bieten.
- … der thermische Komfort einen wesentlichen Einfluss auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter hat. Dieser Effekt ist umso deutlicher je mehr Steuerungsmöglichkeiten den Mitarbeitern zur Verfügung stehen.
- … dass durch Pflanzen am Arbeitsplatz Stress, Gesundheitsprobleme und krankheitsbedingte Fehlzeiten signifikant reduziert werden (Smith, A., Tucker, M. & Pitt, M. (2011).
Wie sieht der WELL-Standard in der Praxis aus?
CBRE Madrid war im Jahr 2016 das erste Projekt, das in Spanien eine WELL-Zertifizierung erhielt. In unterschiedlich hoher Komplexität wurden dabei gleich mehrere der sieben Kategorien berücksichtigt – und so eine Auszeichnung in Gold erreicht.
Unter Berücksichtigung der Kategorien Luft, Licht, Komfort und geistige Gesundheit wurde für die Büroräume ein biophiler Entwurf mit dem Motto „Waldhütte“ umgesetzt. Der Entwurf konzentrierte sich darauf, dynamische, vielfältige Bereiche für unterschiedliche Nutzerbedürfnisse (sowohl für Gruppen als auch für Einzelpersonen) zu bieten. Er beinhaltet aber auch eine reichhaltige Bepflanzung und zahlreiche Lichtlösungen, die zugleich die Arbeitsprozesse unterstützen und für eine angenehme Beleuchtung mit Kunst- und Tageslicht sorgen. Zudem bietet CBRE seinen Mitarbeitern heute eine breite Palette an gesunden Lebensmitteln, einschließlich aller verfügbaren Nährstoffinformationen, sowie Fitnessangebote (wie etwa Pilates, Yoga und Laufkurse), um – gemäß der Kategorien Nahrungsmittel und Leistungsfähigkeit – das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern.
CBRE stellte fest, dass sich die Investitionen innerhalb eines Jahres amortisierten. Das Unternehmen fand außerdem heraus, dass sich 80% seiner Mitarbeiter jetzt produktiver fühlen, wobei 90% der Meinung sind, dass sich die WELL-Standards positiv auf sie ausgewirkt haben.
Was tun, wenn WELL in meinem Markt weniger relevant ist?
Es gibt zahlreiche verschiedene Gebäudestandards, und einige können für Ihren Markt besser geeignet sein als der WELL Building Standard. Doch selbst wenn Sie sich nicht für eine WELL-Zertifizierung entscheiden, sind es deren sieben Kategorien auf jeden Fall wert, diskutiert und umgesetzt zu werden. Nutzerorientierte Gestaltungen mithilfe der Rahmenbedingungen von WELL stellen nur eine Möglichkeit dar, das Denken und Entwerfen im Sinne des Wohlbefindens voranzutreiben.
Sie wollen mehr erfahren?
Oliver Heath Design hat erst kürzlich mit Interface zusammengearbeitet, um den Praxisleitfaden „Positive Räume schaffen – mit dem Well Building Standard“ zu erstellen. Der Design Guide enthält grundsätzliche Informationen über WELL und warum es relevant ist, er erläutert aber auch, wie eine Zertifizierung erreicht werden kann. Zudem erhalten Sie dort ausführliche Informationen sowohl über die CBRE-Fallstudie und die Vorteile, die das Unternehmen entdeckt hat, als auch über andere interessante internationale Fallstudien, die den ganzen Nutzen dieses Ansatzes aufzeigen. Sie können den Leitfaden hier herunterladen.
Enjoy!