Das Aufeinanderprallen der natürlichen und digitalen Welt beschäftigt auch Künstler und Designer, und so waren die polarisierenden Trends von Technik und Handwerkskunst auf der Milan Design Week ebenso Thema wie auf der Stockholm Furniture & Light Fair. Wir erwarten, dass diese Trends auch über das Jahr 2018 hinaus Bestand haben.
Technik und Handwerkskunst
Technik und Handwerk könnten kaum unterschiedlicher sein, und doch liegt in der Kombination der beiden oft etwas wirklich Magisches. Die Mischung verkörpert die Gegensätze, von denen die heutige Gesellschaft geprägt ist: Auf der einen Seite bestimmt die Technik unser Leben, auf der anderen Seite sehnen wir uns nach unmittelbareren und sinnlicheren Erlebnissen.
In den letzten Jahren hat sich das Handwerk fest in der Welt des Designs etabliert – vor allem durch handgefertigte Details, einzigartige Imperfektionen und unwiderstehliche Texturen. Li Edelkoort kuratierte für Google eine bemerkenswerte Ausstellung mit dem Titel „Softwear“. Ausgestattet mit Wandteppichen von Kiki & Joost sowie pastellfarbenen Einrichtungsobjekten von Scandi zeigte sie, wie mühelos sich digitale Technologien in unsere Lebensumgebung einfügen können.
Mit Blick auf die Technik konzentrieren wir uns oft auf Eigenschaften wie modern, digital und industriell. Allein mit diesem Fokus werden Objekte schnell langweilig und überflüssig, doch kommt als Ausgleich die Handwerkskunst hinzu, entstehen auf perfekte Weise imperfekte Ergebnisse. Dieses Zusammenspiel lässt interessante Designlösungen entstehen – z.B. kräftige Farben, harte Lacke, Materialmixturen und Guerillakunst, kontrastiert von sanften Pastelltönen, weichem Plüsch, Samtpolstern, Strickereien und warmen Keramiken.
Sättigung und Symmetrie
Gestalterisch rücken kräftige Farben und unverwechselbare Kompositionen immer mehr in den Mittelpunkt. Kurzlebige Kunst im Guerilla- und Graffiti-Stil war in Mailand allgegenwärtig. Der Hersteller Nitoms präsentierte eine Ausstellung mit dem Titel „HARU stuck-on design“, die großformatige temporäre Kunstwerke und Installationen aus Klebeband zeigte. Unterschiedlich breite und lange überlappende Bänder in satten Farben erzeugten dabei eine eigentümliche Komplexität und Tiefe.
Satte Farben und Symmetrien ließen auch anderswo kunstvolle Installationen entstehen – z.B. in dem von Wes Anderson inspirierten Hermès-Showroom mit marokkanischen Fliesen.
Nicht unerwähnt bleiben sollen auch einige ungewöhnliche Mischungen, die Spiritualität und Futurismus verbinden. Bei Moooi war die Beleuchtung sowohl sphärisch sanft als auch absolut hypnotisierend, während COS x Phillip Smith mit ihrer reflektierenden Spiegelinstallation in einem Innenhof ein zurückhaltendes Objekt für Natur- und Architekturliebhaber entwarfen. Zweifellos freue ich mich jedes Jahr besonders darauf, was COS in Mailand zu bieten hat.
Frische Farben
Das Nebeneinander von Technik und Handwerk zeigt sich auch in den Farbpaletten. Sportlich und schwungvoll vs. weich und sphärisch. Monochrome Farben lassen eine aufregende Optik entstehen, wenn sie in verschiedenen Tönen und Sättigungen zum Einsatz kommem – in diesem Zusammenhang erlebt die so fein und aktuell wirkende Farbe Mauve gerade eine Wiederauferstehung. Um das Ganze aufzufrischen, kommen Akzentfarben hinzu: z.B. Yves-Klein-Blau, Terrakotta, Schiefergrün und scharfe Gelbtöne.
Stärkere Verbindungen aufbauen
Dieser Mix aus Farben, Materialien und Stilen widerspiegelt den heutigen globalen Diskurs. Wir knüpfen auf der ganzen Welt immer engere Verbindungen und verlieren dabei doch nie den Blick auf den Mikrokosmos um uns herum – und können auf diese Weise „lokal“ bleiben. Technologien mögen uns vernetzen, aber es ist auch in Ordnung, ab und zu für eine Weile offline zu sein.