Die Zukunft gehört der Transparenz und messbaren Ergebnissen

Der Klimawandel mit seinen zunehmenden Wetterextremen wie Überschwemmungen, Extremhitze und Trockenheit erhöht den Druck von Seiten der Politik und der Gesellschaft, Gebäude nachhaltiger zu bauen. Kein Wunder, denn sie sind für 40 % der Emissionen und 33 % des Ressourcenverbrauchs weltweit verantwortlich. Allein in Deutschland werden 55 % des Abfallaufkommens durch Bau- und Abbruchabfälle verursacht. Es ist also dringend Zeit zu handeln.

Aussagen über Nachhaltigkeit, nachhaltige Baumaterialien und Nachhaltigkeitslabel boomen. Wie soll man also „die Spreu vom Weizen trennen“ und das richtige Produkt für die gewünschte Anwendung finden? Wir geben Ihnen einen ersten Einblick in die verschiedenen Arten von Umweltlabeln und schauen, was sich genau dahinter verbirgt.

Drei Arten von Umweltlabeln

Umweltlabel sollen Kunden eine verlässliche Orientierung für die Entscheidung über umweltschonende Produkte und Dienstleistungen geben und damit Transparenz schaffen, um die Entscheidung zu vereinfachen und letztlich Zeit zu sparen.

Umweltlabel können grundsätzlich in drei Kategorien unterschieden werden:

  1. zertifizierte Umweltlabel
  2. Hersteller-Label
  3. verifizierte Umweltproduktdeklarationen

Ein Beispiel für zertifizierte Umweltlabel ist das deutsche Umweltzeichen „Blauer Engel“ des Umweltbundesamtes für umweltschonende Produkte und Dienstleistungen. Hierzu müssen Nachweise über sozialverträgliche Produktionsbedingungen, stoffliche Anforderungen sowie Anforderungen an Innenraumluftqualität, Deklaration und Verbraucherinformationen sowie Nutzung erbracht werden.

Das Cradle-to-Cradle-Zertifikat möchte für die Bewertung eines Produkts im Hinblick auf Sicherheit, Kreislauffähigkeit und verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen einen Rahmen bieten. Es wird vom Cradle to Cradle Product Innovation Institute herausgegeben, mit Niederlassungen in den USA und den Niederlanden. Das Produkt wird anhand eines umfassenden Kriterienkatalogs in fünf Bereichen geprüft: Materialgesundheit, Kreislauffähigkeit, soziale Fairness, Wasser- und Bodenmanagement sowie saubere Luft und Klimaschutz. Das Zertifikat wird je nach Erfüllungsgrad einem von vier Leveln zugeordnet: Bronze, Silber, Gold oder Platin. Über den gesamten Kriterienkatalog gilt, dass das niedrigste Level der erreichten Kategorie das Gesamtlevel vorgibt.

Hersteller-Label kommen deutlich weniger zum Einsatz. Sie sind weder dritt-geprüft und noch dritt-verifiziert und haben damit für viele Nutzer zu wenig Aussagekraft.

Beide Arten von Umweltlabeln liefern rein qualitative Aussagen über ein Produkt. Zertifizierte Umweltlabel sind vorab definierte Anforderungen einer dritten Partei an die Produkte, die es zu erfüllen gilt. Dabei geht es nicht immer um konkrete Umsetzungen, Pläne reichen manchmal auch schon aus. Wer genauere Informationen möchte, zum Beispiel zu CO2-Fußabdruck, Anteil erneuerbare Energien, Rücknahmeprogramme oder eingesetzte Ressourcen, muss sich die Anforderungskataloge der herausgebenden Institute des Labels im Detail ansehen. Konkrete produktspezifische Zahlen sind meistens nur bedingt zu finden.

Valide und drittgeprüft – die EPD als „Paper of Truth“

Verifizierte Umweltproduktdeklarationen, sogenannte EPDs (engl.: Environmental Product Declaration), liefern potenzielle Umweltwirkungen eines Produkts anhand genauer Daten, Zahlen und Fakten zu einer Reihe von Umweltdaten. Diese werden in drei Kategorien dargestellt: Emissionen, Ressourcennutzung und Abfallarten. Die Umweltwirkungen werden konkret beziffert und unter Hinzunahme des Lebenszyklus eines Produkts oder einer Produktgruppe dargestellt.

Produktspezifische EPDs sind dabei genauer als EPDs für Produktgruppen eines Herstellers oder EPDs für herstellerübergreifende Produktgruppen. Darüber hinaus finden sich in einer EPD detaillierte Informationen zum Materialeinsatz eines Produkts sowie weitere ausgesuchte Merkmale zur Produktspezifikation.

EPD – valide, konkrete Umweltdaten über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes | © Interface

Wie wirkt sich das Produktdesign auf den CO2-Fußabdruck aus? CO2-Treiber sind:

  • die Garne der Nutzschicht: und abhängig davon, welche Materialien und ob Primär- oder Sekundärrohstoffe eingesetzt werden.
  • Produktionsprozesse: Ineffiziente Prozesse und ein geringer Anteil erneuerbare Energien erhöhen beispielsweise den CO2-Fußabdruck.
  • erdölbasierte Materialien in der Rückenkonstruktion wie Bitumen oder PVC: je höher der Anteil, desto höher der CO2-Fußabdruck.
  • die Menge der eingesetzten Materialien: mehr Gewicht führt zu höherem CO2-Fußabdruck.

Tendenzieller Einfluss der Materialauswahl und des Produktdesigns auf den CO2-Fußabdruck eine Produktes | © Interface

Der Unterschied kann enorm sein

Interface hat seit dem Jahr 2021 Teppichfliesen mit einem CO2-negativen Fußabdruck in seinem Portfolio. Diese beinhalten einen hohen Anteil an biobasierten Materialien sowie recycelten Füllstoffen und weisen einen reduzierten Materialeinsatz bei gleicher Leistungsfähigkeit auf. Zudem sind sie bitumen- und PVC-frei. Der CO2-Fußabdruck liegt je nach Design bei bis zu -1,1 kg CO2e/m². Diese textilen Bodenbeläge enthalten mehr gebundenen Kohlenstoff in Form von biobasierten Materialien als CO2-Emissionen während der Phase der Rohstoffgewinnung, des Transports und der Produktion emittiert werden. Somit dienen die Bodenbeläge als CO2-Senken im Gebäude.

Potenzielle objektbezogene Einsparungen an CO2 im Vergleich | © Interface

Der CO2-Fußabdruck (cradle-to-gate) der neuen Teppichfliesenkollektion Open Air (mit 100 % recyceltem Garn) liegt bei 3,13 kg CO2e/m². Im Vergleich dazu liegt der CO2-Fußabdruck pro m² in der Verbands-EPD je nach Poleinsatzgewicht gestaffelt zwischen 400 g bis 800 g:

  • bei 100 % recyceltem Garn bei 5,43 kg (400 g), 5,85 kg (600 g) bis 6,28 kg (800 g)
  • bei 0 % recyceltem Garn bei 10,8 kg (400 g) bis 14,9 kg (800 g)

Die potenziellen CO2-Einsparungen beim Einsatz von Open Air mit 100 % recyceltem Polyamid in einem Objekt von der Größe 250 m2 oder 1.500 m2 liegen bei 575 kg bzw. 3.450 kg im Vergleich zu den Werten in der Verbands-EPD. Noch deutlicher ist der Unterschied, wenn kein recyceltes Garn eingesetzt wird: Die Einsparungen erreichen hier Werte von 2.418 kg bzw. 14.505 kg.

Ganz gleich, ob zertifiziertes Umweltlabel oder verifizierte Umweltdaten: Wenn es um nachhaltige Baumaterialien geht, muss in beiden Fällen genauer hingeschaut werden. Bei Informationen zum dringlichsten Anliegen für nachhaltige Gebäude, die CO2-Einsparungen, ist die EPD mit ihren validen und konkreten Daten unerlässlich – auch mit Blick auf die zunehmenden digitalen Lösungen wie BIM-Modelle, Gebäudepässe oder Ökobilanzen im Rahmen von Gebäudezertifizierungen bzw. auf die aktuell empfohlenen Regeln der EU, der „Directive on Green Claims“.

Die Zukunft gehört der Transparenz und messbaren Daten – die EPD ist das derzeit beste Tool dazu und wird als „Faktenchecker“ eine zentrale Bedeutung erhalten.

 

 

 

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